Höhlenmalerei – zurück zum Ursprung der Kunst

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Dieses Jahr haben wir im Stadtteilhaus Lorenz-Süd mit den malerischen Mitteln gearbeitet, wie sie die Menschen vor etwa 10.000 Jahren verwendet haben.

Die Menschen hatten damals natürlich noch keine Leinwand und keine Farben aus der Tube, sondern haben ihre Farben selber hergestellt aus den Materialien, die sie in der Natur fanden. Damit haben sie auf den Wänden der Höhlen, in denen sie lebten, Ereignisse aus ihrem Leben festgehalten. Gleichzeitig haben sie über die Bilder und Piktogramme, wie man es heute nennen würde, auch kommuniziert.

Im Naturgarten des Lorenz-Süd befindet sich bereits eine gebaute Höhle. Diese „Raum-Architektur“ haben wir zum Anlass genommen, diese weiter zu gestalten, nämlich von Innen zu bemalen.

 

Pigmente auskochen in der Hexenküche

Die erste Aktion war das Herstellen der Farben. In der Küche des Lorenz-Süd haben wir gekocht, gemörsert und kreiert. Wir hatten das Gefühl, wir befinden uns in einer Hexenküche und betreiben Alchemie. Wir haben Spinat und rote Beete gekocht, um die Farbpigmente freizusetzen. Der Kommentar war: „Buh, was stinkt das hier!“

Auf einer Reibe haben wir Kurkuma gerieben. Kurkuma wird auch Gelbwurz genannt, da es aussieht wie eine Wurzel. Das Innere der Wurzel ist ein leuchtendes Orange. Wenn man Kurkuma aber reibt, dann wird das Orange zu einen wunderbaren Gelb, das – je nach Untergrund (Leinwand behandelt, Leinwand unbehandelt oder Papier) – sehr stark leuchtet. So haben wir auch die Erfahrung gemacht, dass das Material, auf dem wir malen, einen großen Einfluss auf die Wirkung und den Tonwert der Farben hat. Je nachdem ist die Farbe nachher eher blass oder sehr präsent.

 

Kaffee zum Malen

Andrea hatte aus der Coesfelder Bucht vier verschiedene Farbtöne von feinen Sanden besorgt, aus denen wir ebenfalls ausdrucksstarke Farben kreiert haben. Dafür haben wir den großen Mörser benutzt und die Sandkörner noch etwas gemahlen, damit die Farbe geschmeidiger wird und sich besser auftragen lässt. Als weitere Farbe haben wir noch Blaubeeren gewählt, aus deren Saft wir auch eine Farbe geschaffen haben. Ebenso haben wir Kaffee aus dem Café des Lorenz-Süd zur einer Farbe verrührt, und diese Farbe duftete sogar gut und stank nicht so wie Rote Beete oder Spinat.

Außerdem haben wir weiße Kreidestifte im Mörser zermalmt und so eine weiße cremige Farbe gemixt. Dann hatte Andrea noch grobe Kohlenstücke mitgebracht, die wir auch teilweise im Mörser zu Pulver gedrückt und zerrieben haben. So hatten wir eine fast schwarze Farbe, und wenn wir die mit der weißen Kreidefarbe gemischt haben, dann ergab das einen schönen helleren Grauton. So konnten wir verschiedene Tonwerte von Grau herstellen.

Was auch richtig Freude gemacht hat war die Tatsache, dass man mit der puren Kohle zeichnen konnte und so den Bisons und Pferden Haare malen oder auch die Felsenstruktur auf die große Leinwand bringen konnte.

 

Farbe braucht Bindung

Jetzt hatten wir so viele unterschiedliche Farbpigmente, dass wir davon ganz begeistert waren. Wir mussten dann aber feststellen, dass die Säfte und Pulver so nicht auf den verschiedenen Untergründen haften können und bleiben. Wir haben gelernt: Farbe zum Malen kann nicht nur aus Farbpigmenten bestehen. Diese wunderbaren Pigmente benötigen noch ein Bindemittel, damit sie auf der Leinwand oder Felswand auch halten können. Und auch damit die Farbe lange leuchtet und ihre Farbkraft behält, denn wenn die Sonne auf die Leinwände fällt, dann besteht die Gefahr, dass die Farbe schnell verblasst, denn die meisten dieser Farben sind ja nicht lichtecht.

So haben wir versucht, mit Eigelb die Farbpigmente zu binden. Es gibt auch noch andere natürliche Bindemittel wie Kasein (Quark), aber das stank noch mehr und das fängt auch schnell an zu schimmeln. So haben wir uns doch für ein fertiges Bindemittel entschieden, das man kaufen kann und das ganz transparent wegtrocknet, so dass nur noch die reine Farbe auf und in der Leinwand leuchtet.

Andrea hatte Gläser besorgt. In diese füllten wir als Erstes die Farbpigmente und dann gossen wir den Binder (Acryl) drauf. Zum Schluss rührten wir mit dem Pinsel die Farbe um, so dass eine homogene Masse entstand. Am Ende hatten wir 12 Farben und konnten daraus noch verschiedene Mischtöne schaffen. Dazu kamen die Kohlestücke, die wir wie einen Bleistift zum Zeichnen benutzen konnten, nur das die entstandenen Linien breiter und markanter waren.

 

Jetzt gehts an die Leinwand

Nach dieser Hexenküchen-Aktion malten wir mit den fertigen Farben zuerst auf Papier und auf Leinwände, um zu sehen, wie die Farben nun wirken. Dabei haben wir gemerkt, wie unterschiedlich das doch ist: Das Kurkumagelb wirkt auf einer behandelten Leinwand sehr blass, da diese imprägniert sind. Auf dem Papier dagegen leuchten die Farben doch besser.

Nachdem wir nun die ersten Übungen gemachten hatten, trauten wir uns endlich auch an die riesige Leinwand, die wir für die Höhle bemalen wollten. Die Leinwand, aus purem Leinen ohne Imprägnierung, war 160 cm breit und 700 cm lang. Dieses große Leinwandtuch haben wir nun gemeinsam in mehreren Tagen bemalt.

Zuerst war es wichtig, dass wir auf den 700 cm eine Mitte festgelegt haben, denn die Beine der Bisone, Pferde und Elefanten mussten ja immer in die richtige Richtung zeigen, nämlich so, dass die Hufe zur Erde zeigten. So kamen wir auf die Idee, in die Mitte der Leinwand eine große Sonne zu malen. Wir bemalten auf der Bühne im Lorenz-Süd zuerst die rechte Seite und ließen sie trocknen und danach die linke Seite.

Auf diese Weise konnten wir sicher sein, dass wir uns später, wenn wir die Riesenleinwand in der Höhle angebracht haben würden, nicht auf den Kopf würden stellen müssen, um die rechte und die linke Seite jeweils richtig zu sehen. Die Leinwand hätte komplett ausgerollt auf der Bühne übrigens auch gar keinen Platz gehabt, so riesig war sie.

 

 Wie auf eine Höhlenwand gemalt

Nun setzten wir uns gemütlich an den Rand der Leinwand und überlegten uns Motive. Manchmal malten wir unsere Idee mit dem Bleistift vor. Dann suchten wir uns die Farbe und den Pinsel aus und legten los. Andrea hat uns auch noch erklärt, dass der Pinsel desto größer sein muss, je größer die auszumalende Fläche ist.

„Wir“, das sind: Seylin, Selen, Syad, Pia, Enno, Jolin, Alicia, Alina, Felicia, Jennifer, Laura, Escada, Leonada, Lena, Annika, Jenmali und noch weitere Kinder.

Wir malten Elefantenherden, bunte Ziegenherden, Bisons, Schlangen, Herzen, Blumen, König und Königin, Menschen und Ameisen auf die große Leinwand. Alina fing dann an, auch an Felsen zu malen, denn die Flächen zwischen den Figuren sollten ja nunmal aussehen wie Felsen und Höhlenwände. Sie hat zuerst eine Farbe ausgestrichen und dann mit Kohle die Felsenlinien gezeichnet und Flächen gemalt. Wir waren ganz begeistert, denn es sah richtig echt aus wie eine Höhlenwand und die Flächen bekamen durch die Zeichnung noch eine optische Tiefenwirkung.

Das Auswaschen der Pinsel hinterher hat uns überhaupt keinen Spaß gemacht. Aber das muss auch sein, hat Andrea uns erklärt, denn sonst sind die Pinsel am nächsten Tag nicht mehr zu gebrauchen. Sie werden ganz hart und die Pinselhaare können dann keine Farbe mehr aufnehmen. So war Andrea mit dem Pinsel-Auswaschen dann auch sehr streng. Zum Schluss haben wir noch ein paar fertige Leinwände bemalt und alles für die Ausstellung und die Vernissage, unsere Eröffnungsfeier in der Lorenz-Süd-Höhle, vorbereitet.

 

Tatatataaa: Wir eröffnen die Ausstellung!

Am Freitag dann, nach 14 Tagen, war es soweit: Wir haben am Morgen die große Leinwand in der Höhle platziert und in der Mitte festgetackert. Die auf Leinwände und auf Papier gemalten Bilder haben wir auch dekorativ in der Höhle aufgehängt. Es sah wirklich wunderschön aus, wie eine echte Profi-Ausstellung!

Dann haben wir noch eine Holzbohle aufgebaut und auf dieser alle unsere Restfarben und den Mörser und die Pinsel aufgestellt. So konnten sich die Besucher der Ausstellung auch unser Farbmaterial und unser Handwerkzeugs anschauen und wir ihnen erklären, aus was für Naturmaterialien die Farben entstanden sind.

Für den Nachmittag hatten wir eingeladen: die Eltern, alle Künstler/innen, die Mitarbeiter/innen des Lorenz-Süd und alle anderen Kinder. Schade war, dass nicht alle Künstler dabei sein konnten. Dennoch war es eine wundervolle Feier. Einige Mädchen hatten sich extra richtig chic gemacht und ein schönes Kleid angezogen zur dieser Ausstellungs-Feier und haben dann auch stolz den Eltern oder Mitarbeitern des Lorenz-Süd ihre Bilder und Motive gezeigt. Zum Abschluss gab es Schaumküsse und ganz viel Pommes zu essen.

Das war ein schöner und angemessener Abschluss unserer Arbeit. Die Eltern, die gekommen waren, waren ganz stolz auf die Werke ihrer Kinder und auch die Mitarbeiter, die die Kinder schon länger kennen, waren begeistert.

Text: Andrea Aupers
Fotos: Sonja Meesters und Andrea Aupers